Antisemitismus

Meine Schwester ist zwei Jahre älter als ich. Als sie in die Schule kam und lesen lernte, machte ich es ihr zuhause nach. Ich las also schon sehr früh selbst. Zumindest die Kinderbilderbücher. Was ich daraus lernte, ist dialektisch verzwickt. In der deutschen Nazi-Öffentlichkeit galt als selbstverständlich: Die Juden waren an allem schuld. Aber es gab sie gar nicht wirklich, außer im Bilderbuch. Ich hatte in Seewal­chen ein antisemitisches Bilderbuch oder zumindest war in einem meiner Bilderbücher eine antisemiti­sche Geschichte, an die ich mich erinnere. Und ich erinnere mich an die Wirkung, die sie auf mich hatte, denn sie war ganz anders, als die Autoren es beabsichtigt hatten.

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Regierungs- und andere Wechsel

Wir hatten 1981 die Wahl verloren. Das war vorher schon abzusehen gewesen. Und es waren eigentlich auch gar nicht „wir“ gewesen, die verloren hatten, die Linken – vergeigt hatten es Stobbe, Grimming, Rieb­schläger & Co. Erinnert sich jemand noch an die Namen und Gesichter? Nicht einmal ich, der ich sie auf vielen Parteitagen aus leidvoller Nähe erlebt habe. Aber sie waren mir sowieso immer zuwider gewe­sen, Dietrich Stobbe schon rein körperlich. Ihn umgab eine Fettschicht kleinbürgerlicher Selbstgerech­tigkeit, die ihn für Zweifel unanfällig machte, nicht aber für weitere Verwendung: nach seinem Fiasko als Regierender Bürgermeister wurde er über die Friedrich Ebert Stiftung nach New York entsorgt und ich hörte danach nie wieder etwas von ihm, so dass ich annahm, er sei mittlerweile tot.

Doch weit gefehlt: das Landesarchiv sagt in seiner Kurzbiographie:

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