Seewalchen

Am Sonntag, dem 26.07.98 kamen wir am frühen Nachmittag in Seewalchen an. Ich weiß nicht mehr genau, wann ich das letzte Mal dort gewesen war, mich bei Kastingers präsentierte, die Handel-Tanten inmitten ihrer Dalmatiner in Buchberg besuchte; es mag jetzt 25 Jahre her sein, seinerzeit mit Margret auf der Durchreise nach Wien. Schon damals erkannte ich das Dorf nicht wieder, geschweige denn jetzt, auf dem Heimweg nach Berlin, mit Faviola und den Kindern am Ende des Urlaubs im Mühlviertel.

Wir kamen über Linz, wo wir Probleme hatten, die Bundesstrasse nach Wels zu finden, ohne die inner­städtische Autobahn zu benutzen, bestaunten im Vorbeifahren die merkwürdige Kirche auf dem Hügel in Vöcklabruck, die zwei Türme hintereinander zu haben scheint und bogen in das Tal der Ager ein. Über Lenzing war ich noch nie gekommen, sah meines Wissens zum ersten Mal den großen Betrieb, vor dem an diesem Sonntag Gendarmen irgendeinen lokalen Verkehr zu regeln hatten. Dann links das Kirchlein von Schörfling, die Brücke, der Abzweig nach Seewalchen hinein.

Dort wo die Hauptstrasse von der Atterseestrasse die Anhöhe hinauf abzweigt, ist die Einmündung aufgepflastert: 30 km-Zone – und „seit 1955“ sagt die Werbung, ich hätte es also beim letzten Besuch schon merken müssen, steht hier das Café Rohringer. Es ist ein Haus in diesem Allerwelts-Alpenstil, mit Erker an der Ecke und Holzbalkon über die Giebelfront und wirkt so neu, dass es auch gar nicht von 1955 sein kann. Der Kontrast liegt rechter Hand, zwanzig Meter weiter, das Stammhaus Kastinger, die Schau- und Verkaufsräume hinter den schmutzigen Schaufenstern leer, blinde Fenster in den Etagen darüber. Gegenüber, die Nr. 28, frisch renoviert, daneben ein neues Einfamilienhaus in den früheren Garten geklemmt. Hier bin ich geboren.

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Gefährliche Ware – die USA schützen sich

Heute morgen haben wir die Grenze zwischen Mexico und den USA passiert. Bis dahin zeigte das Echolot in der grossen Bucht eine Wassertiefe von 29 m. Die letzten Töne der amerikanischen Nationalhymne, von drei Crewmitgliedern im Cockpit ziemlich schräg und mit durchaus uneinheitlicher Stimmführung vom Blatt gestammelt, waren kaum verklungen, da stieg die Tiefe auf 32 m an. Da war klar, wir sind in the land of the free: da ist halt alles größer, tiefer, mächtiger.

Weit draussen eine Ansteuerungstonne, aber dann war es einfach, den Tonnenstrich entlang bis zur Quarantänestation, an der wir einchecken sollten. Doch vor diesen Akt hatten die zuständigen Behörden eine lange Wartezeit geschaltet. Christoph kam mit den Papieren zurück an Bord: die Station ist nicht besetzt. Wahrscheinlich kommen Ausländer hier nur alle paar Jubeljahre vorbei.

Man meldet sich an der Kontrollstation über Telefon bei der border control – wir haben uns zwar schon zuvor von See her per Funk beim harbourmaster gemeldet, aber der behält offenbar diese Information für sich. Weit draussen hatten uns schon eine futuristische Fregatte und mehrere Hubschrauber der Marine beäugt – ihre Erkenntnisse aber ebenso für sich behalten. Ein Dank an die Gewaltenteilung und den Datenbeauftragten. Nur leider kostete das unsere Zeit.

Es dauerte drei Stunden, bis die Grenzbeamten kamen.

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Ensenada

Nach Bordcomputer war gestern Nacht unsere ETA – estimated time of arrival – für Ensenada gegen 4 Uhr früh. Wir liefen unter Motor und schalteten auf ca. 1700 Umdrehungen zurück, um die Ansteuerung im ersten Tageslicht zu bewerkstelligen. So konnten wir denn auch gut die alten Schiffwracks im Hafenbecken ausmachen, auf denen sich grosse Seehundkolonien breitgemacht haben. Und die riesige mexikanische Flagge bestaunen, die von der Mole für die Kreuzfahrtschiffe wehte und so ungefähr die Größe eines Volleyballfeldes hatte.

Um 7.30 Uhr Leinen fest und Beginn der Arbeit bis zum Mittag: Wasserfassen, Motorinspektion, Wantenspannung nachstellen, um die leichte Biegung in der obersten Sektion herauszubekommen, die uns, nach Mehrheitsmeinung, auf Stb-Bug viel Fahrt gekostet hat. Der poröse Mastkragen wird erneuert. Hoffentlich ist er dann wirklich dicht – mein Schlafsack ist, zum ersten Mal auf dieser Reise, sonnentrocken.  Reffsterte und Fallen werden auf Schamfilings überprüft, ggf. gekürzt und neu betakelt.

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Langsam voran

Vorgestern bekamen wir morgens wieder Wind und kreuzten, was das Zeug hält, gegen Wind und Strom und kamen nicht so richtig voran. Selbst als er auffrischt nähert sich der Mexico-Express, wie die jungen Crewmitglieder W4 auf der offiziellen website beschreiben, nur langsam dem Hafen von Ensenada: nach acht Stunden Nachtwachen haben wir gerade mal 25 sm in die richtige Richtung geschafft. Wir sind ziemlich frustriert: die ganze Plackerei hoch am Wind und dann das!

Aber Rasmus hat ein Einsehen und belohnt uns: der Wind steht den ganzen Tag durch und er raumt so weit, dass wir sogar zeitweise Ensenada anliegen können.

Gestern früh stand über der aufdämmernden Morgenröte noch die goldene Mondschale, schräg darüber ein heller Stern. Es sah aus, als wollte die Schale ihn auffangen, sollte er abstürzen. Am Horizont noch ein weiterer heller Stern, den ich einfach mal „Venus“ nannte, weil er ja den Morgen ankündigte. Es waren die einzigen Sterne, die von der ansteigenden Morgendämmerung nicht überstrahlt wurden. Angesichts dieses wunderbaren Himmels schäme ich meiner Unkenntnis des Firmaments. Im Süden beispielsweise stand die letzten Tage lange ein Sternbild, das einem Krebs mit Skorpionsschwanz glich, ein riesiges Sternzeichen, das ich, da ich es nicht identifizieren konnte, einfach nach meinem Volleyballfreund „Uli“ nannte.

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Cabo San Lucas

Als wir Puerta Vallarta gestern Nacht rechts liegen ließen, frischte der Wind auf. Wir mussten sogar, hoch am Wind, das zweite Reff einstecken und segelten, segelten wirklich mit ordentlich speed und fast in die richtige Richtung und das über 24 Stunden lang ohne den Motor anwerfen zu müssen. Endlich happy sailing…

Aber wie es eben so ist…

Mexico ist das Paradies der „topes“. In la Ciudad de Mexico ist an jeder Straßenkreuzung – und manchmal auch dazwischen – ein „tope“. Selbst auf der Autopista nach Tula, wo ich die Ruinen besuchte, waren unzählige „topes“, vor denen Schilder mit der Aufschift „Tope“ warnten. Warum man auf Autobahnen Bodenwellen einbaut, ist ein mexikanisches Rätsel. Selbst in Barra Navidad, wo wir das Taxi zum Transport an den Hafen brauchten, waren in allen Straßen „topes“. Völlig unnötig: die Straßen waren mit groben Kieselsteinen gepflastert, sozusagen ein Fischkopfpflaster, und das war so mit Schlaglöchern übersät, dass das Taxi sowieso kaum 30 km/h fahren konnte.

Ich fragte den taxista, ob vielleicht das Transportministerium einen Jahresplan für die „topes“ und einen Onkel mit einer Schildermalerei hätte? Er lachte nur.

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Turtle Bay – gestrichen

Am Ruder sinniere ich weiter über Cabo San Lucas: am Ende der Halbinsel, weit entfernt den USA, waren wir noch nie so nahe an Nordamerika. Im riesigen Supermarkt „Plaza“ nahe dem Hafen – andere soll es weiter ausserhalb auch noch geben – werden fast ausschließlich amerikanische Produkte angeboten. Es gibt nicht einmal mexikanisches Bier dort, nur Heineken, Miller und Bud, Plörren, die keinem Vergleich mit dem Pazifico, dem Montejo, Modelo und selbst mit Corona standhalten. Es gibt mindestens 40 verschiedene überzuckerte Müsli-Sorten, aber weder Haferflocken, noch Paniermehl. Ich suche vergeblich nach Currypulver und süßem Paprika. Immerhin ist das Obst- und Gemüseangebot einheimisch, gut und frisch, große, reife Papaya und reife Avocados eingeschlossen.

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